Der Nemesis-Zyklus Der Nemesis-Zyklus  
„Was wird in 25 Jahren als ‚abartig‘ gelten? Ich setze auf die Missionarsstellung.“
Susan Crain Bakos

Ich habe überhaupt nichts gegen die Missionarsstellung. Allerdings sind die Zeiten zum Glück vorbei, in denen Sex nur zur Fortpflanzung legitimiert sein sollte und unter der Bettdecke sowie bei gelöschtem Licht stattzufinden hatte (und kehren - hoffentlich - auch niemals wieder; wobei ich mir dessen angesichts der Fundamentalisten in West und Ost leider nicht wirklich sicher bin). Für alle, die noch nicht richtig wissen, was sie mit Büchern von Chris Dell anfangen sollen, sei klargestellt:

Es geht um Sadomasochismus.

Naja. Irgendwie jedenfalls. Wenn Ihnen jetzt lediglich eine peitschenschwingende Domina in den Sinn kommt, dann sei Ihnen anempfohlen, ein wenig bei meinen Geschichten zu verweilen und sich fürderhin nicht mehr auf billig-reißerische Fernsehsendungen oder verdummende Tageszeitungen zu beschränken. Sie werden zwar hier nicht finden, was Sie erwarten, aber womöglich die ein oder andere erhellende Überraschung erleben. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich habe nichts gegen Dominas. Im Gegenteil - das ist ein höchst anspruchsvoller und gesellschaftlich wichtiger und nutzbringender Beruf.

Was ist das eigentlich - „SM“? Es gibt zwar jede Menge seltsamer Definitionen von SM, aber mich hat bislang noch keine überzeugt.

„In Wirklichkeit aber gibt es keine … Sadisten und Masochisten. Es gibt nur Individuen, die in bestimmten Kontexten bestimmte sexuelle Reaktionen und Verhaltensweisen zeigen können, aber nicht müssen.“
Prof. Dr. Dr. Erwin J. Haeberle

Es wird höchste Zeit, die Dinge so zu sehen, wie sie sind: Normal. Gibt es eigentlich noch Haushalte, in denen nicht zumindest ein Satz plüschbezogener Handschellen in irgendeiner Schublade liegt (und gelegentlich sogar benutzt wird)?
Natürlich passiert in meinen Geschichten weitaus mehr als ein paar Fesselspielchen.

Es geht um Fantasien.

„[Fantasien] sind der einzige Bereich, in dem dem Menschen grenzenlose Lust und Leidenschaft möglich wird. Nur hier findet er eine Welt jenseits von Moral und Tugend; eine Welt, die weder Schuld noch Schamgefühle kennt.“
Sina-Aline Geißler

Natürlich geht es um Lust. Weil die viel größer ist, wenn sie mit Liebe einhergeht, enthält jeder Nemesis-Roman auch (mindestens) eine romantische Liebesgeschichte.

Es geht um Hingabe.

Das kennen Sie doch: Sex ist am schönsten, wenn man den Kopf ausschalten kann. Anerzogene Vorstellungen von Dingen, die „erlaubt“ oder „verboten“ sind, haben dabei nichts zu suchen. Es zählt nur die Rücksichtnahme auf und die Verantwortung für das Wohlergehen des Partners.
Tja. Leicht daher gesagt, nicht wahr?
Wir sind alle Opfer jahrtausendealter geistiger Unterdrückung.
Da der Sexualtrieb erwiesenermaßen zu den Hauptmotiven menschlichen Daseins gehört, kann man Menschen nicht kontrollieren, wenn man ihnen die Sexualität in Eigenverantwortung überlässt. Also: Weg damit! Wenn das nicht geht (was angesichts von zahllosen Missbrauchsfällen in lustfeindlichen Institutionen inzwischen allzu offensichtlich ist), dann muss man es zumindest eindämmen und kanalisieren.
Ich will an dieser Stelle nicht weiter ausführen, warum vor allem Frauen Opfer machtpolitisch motivierter seelischer Verstümmelung geworden sind. Das werden Sie selbst wissen.
Sie wissen vermutlich auch, wie schön es sein kann, in dem intimsten Moment alles um sich herum zu vergessen und den Augenblick ganz und gar zu genießen. Darum geht es hier auch.

Es geht um Gemüseeintopf.

„Die Frage ‚Was ist Masochismus‘ ist nicht zu beantworten. … Der Begriff kann ebenso die Lust nach absoluter Unterwerfung bezeichnen wie das Bedürfnis, sich im klar abgegrenzten Bereich der Sexualität devot zu verhalten; er kann die Lust am bloßen körperlichen Schmerz meinen wie das Verlangen nach seelischer Demütigung.“
Sina-Aline Geißler

All das werden Sie in den Nemesis-Romanen finden. Vermutlich gefallen Ihnen manche Aspekte besser als andere. Das ist nicht zu vermeiden. Es ist eben wie beim Gemüseeintopf. Lieber mehr Kartoffeln oder Möhrchen? Zu stark gesalzen? Zu wenig?
Nemesis ist so. Ich hoffe, dass es Ihnen schmeckt.
In allen Romanen kommen die verschiedensten „Gemüsesorten“ vor.
Während WOLFSBRAUT eigentlich eine „Coming-Out“-Story mit einem kräftigen Schuss Romantik ist, gibt es doch darin auch jede Menge Bondage, Peitschen, Erziehung und sogar Body-Mods.
TOLLWUT hingegen kommt als Serienmörder-Thriller daher und beschreibt dennoch eine zarte Liebesgeschichte voller Hingabe und Unterwerfung einschließlich Langzeit-Bondage.
Auch in TOCHTER DER GEWALT geht es kriminell zu. In parallelen Handlungssträngen gibt es wieder Geschehnisse, wie sie schon aus den anderen Bänden bekannt sind. Diesmal wird jedoch das verbindende Element im Hintergrund genauer herausgearbeitet.
DAS ENDE DER FREIHEIT löst sich von den überwiegend (aber nicht immer) „einvernehmlichen“ Handlungen der anderen Bände und befasst sich mit SM in einer sehr radikalen Variante. Es mag überraschen, dass auch hier Liebe und Romantik eine Rolle spielen.

Mehr erfahren Sie aus den Exposés und Vorworten (oder Sie fangen einfach an, das ganze Zeug zu lesen).

Wenn Sie dann irgendwann genug vom Eintopf haben und sich „speziellen Gerichten für Genießer“ zuwenden wollen … kein Problem! Dafür gibt es die FETISCH-GESCHICHTEN. Ob für Ihre „Geschmacksrichtung“ etwas dabei ist, erfahren Sie bei der Lektüre der Storylines.
Was sie dort nicht finden werden, ist eine Information über diese geheimnisvolle Organisation, „Nemesis“. Die kommt jetzt:

Es geht um Freiheit.

Gedankenfreiheit … sowieso! Dazu habe ich schon ein paar Worte beim Thema Jugendschutz verloren.
Es geht auch um die Freiheit zu selbstbestimmter Sexualität; auch und gerade dann, wenn diese Freiheit die Entscheidung umfasst, fremdbestimmt lieben oder leben zu wollen.
Vor allem aber geht es um die Freiheit der Fantasie.

„Eine Vorstellung erregend zu finden heißt noch lange nicht, das Vorgestellte in der Wirklichkeit erleben zu wollen. Im Gegenteil: Die intensivsten erotischen Fantasien leben davon, niemals in der Realität erprobt zu werden, vielleicht auch gar nicht erprobt werden zu können. Unsere Fantasiewelt neigt zu Extremen. Auch in der Erotik. Wenn eine Frau sich in ihrer Fantasie wünscht, von drei Männern vergewaltigt zu werden, bedeutet das in Wirklichkeit vielleicht nicht mehr, als dass sie von ihrem eigenen Mann leidenschaftlicher, hemmungsloser geliebt werden möchte. Und so mancher Mann, der sich in seiner Traumwelt fünf Gespielinnen auf einmal wünscht, würde in der Realität vor dieser lustvollen Anstrengung davonlaufen.
Wir sehen: Unsere Fantasien sind nicht als Parameter für unsere realen Wünsche zu verstehen. Und das ist gut so. Denn nur so kann die Welt unserer Fantasie ein Bereich bleiben, der frei ist von jeder Zensur und vor allem auch Selbstzensur, eine Welt, in der eben wirklich alles möglich, jeder Wunsch erfüllbar ist.“
Sina-Aline Geißler

Die größte Bedrohung der Freiheit ist der Kollektivismus.

Der politische Kollektivismus ist nur eine Variante und es ist sch...egal, ob er „rechts“ oder „links“ ist. Erfahrungsgemäß sind Linke stets tief verletzt, wenn sie mit braunem Geschmeiß in einen Topf geworfen werden. Der Grund hierfür ist auch gleichzeitig der einzige echte Unterschied: Sozialisten meinen es - zumindest anfangs - tatsächlich „gut“ mit dem Mist, den sie anrichten. Die Ergebnisse unterscheiden sich dann, wie die Geschichte hinlänglich beweist, eher marginal.
Daneben gibt es noch den religiösen Kollektivismus (auch dabei besteht zwischen Hexenverbrennung, Kreuzzügen und Selbstmordattentaten bestenfalls ein Unterschied in der verwendeten Symbolik) und den gesellschaftlichen Kollektivismus.

Letzterer ist Sujet von „Nemesis“.

Zunächst: Es ist gut und richtig und zumeist schlicht alternativlos, wenn sich Menschen zusammentun, um Kräfte zu bündeln und gemeinsame Ziele zu erreichen. Ohne „Organisation“ gäbe es keinen Fortschritt und ohne „Gruppierung“ hätte es keinen schwulen Bürgermeister von Berlin, keinen schwulen Außenminister und keine Kanzlerin gegeben. Ob man die Personen jeweils gut findet, kann dahingestellt bleiben, doch dabei zeigt sich schon der Ansatz des Problems: Wowi und Guido sind eben nicht „nur“ schwul und Angie ist nicht „nur“ Frau.

„Was der psychiatrisch geschmähte Leopold von Sacher-Masoch empfand, erlebt aber im Grunde heute noch jeder, der mit ‚wissenschaftlichen‘ Etiketten versehen und so in seiner Persönlichkeit reduziert wird. Auch Begriffe wie ‚Transvestit‘, ‚Fetischist‘ … können einem Individuum nicht gerecht werden, da sie immer nur Teilaspekte seiner Persönlichkeit verabsolutieren.“
Prof. Dr. Dr. Erwin J. Haeberle

Umso rückständiger, spießiger und bigotter jedoch das gesellschaftliche Umfeld ist, umso größer ist die Gefahr, aufgrund einer individuellen „Abweichung“ von dem, was als gesellschaftlich „normal“ gilt, ein solches Etikett zu erhalten und ausgegrenzt zu werden. Das gilt für Hexen, Ungläubige, Transsexuelle, Masochisten ebenso wie für Menschen, die ihr Auto nicht an einem Samstag waschen oder keine Energiesparlampen besitzen. Der vermeintliche „Grad“ der Abweichung bestimmt die Größe des Etiketts und damit die Dimension der Ausgrenzung.

„Dass viele Frauen und Männer sich dennoch solchen Pauschalierungen anbequemen und sie freiwillig auf sich selbst beziehen, ist meist nur eine Überlebensstrategie. Auf diese Weise entkommen sie zunächst einer als bedrückend empfundenen Vereinzelung. Zudem wird ihnen oft, in sich bildenden oder gar schon voll ausgebildeten sexuellen Szenen, ein besonderes Gruppenerlebnis zuteil, vielleicht sogar die Aufnahme in eine Solidargemeinschaft. So bildet sich dann eine besondere Minderheiten-Identität heraus.“
Prof. Dr. Dr. Erwin J. Haeberle

„Nemesis“ ist eine solche „Solidargemeinschaft“.

Der Reiz, „dazu zu gehören“, wird umso größer, umso schwieriger eine Aufnahme erscheint. Die Gemeinschaft wird exklusiver, das Gruppenerleben erscheint intensiver und die Gruppenidentität wird ausgeprägter. Zulassungsbeschränkungen oder gar Geheimbündelei sind bewährte Methoden. Allerdings steigt damit die Gefahr, dass die Individualität der Gruppenmitglieder leidet.

Waren Sie schon einmal Mitglied in einem Verein oder gar einer Partei oder Religionsgemeinschaft? Kennen Sie den Konflikt zwischen Ihrer „persönlichen Meinung“ und Entwicklungen innerhalb der Gemeinschaft, die damit nicht übereinzustimmen scheinen?

In WOLFSBRAUT stehen die positiven Aspekte einer solchen Solidargemeinschaft im Vordergrund.
In TOLLWUT wird erzählt, was passieren kann, wenn ein Angehöriger der Gemeinschaft diese für seine (abweichenden) eigenen Ziele missbraucht.
In TOCHTER DER GEWALT erleben wir, wie die Gemeinschaft bis in ihre höchsten Gremien korrumpiert wird.
In DAS ENDE DER FREIHEIT schließlich geht es nur noch um Vehikel für den Machtmissbrauch und Instrumente zur Unterdrückung, welche die einst so „gute“ Sache hervorgebracht hat.

Kommt Ihnen das bekannt vor?

Ja? Dann wissen Sie Bescheid und sind gewarnt. Sie werden Ihren individuellen Verstand nicht ausschalten, nur weil irgendein Kollektiv es Ihnen befiehlt.

Nein? Sie wissen nicht, was das Ganze soll?
Dann, bitte, lesen Sie am besten alle vier Bände. Die Reihenfolge ist nicht so wichtig. Jedes Buch erzählt eine eigene Geschichte.

Vielleicht gelingt es mir, Sie davon abzuhalten, irgendwelchen Fähnchen, deren Aufdruck Ihnen gefällt, bis in den Abgrund zu folgen oder Dinge zu tun, die Ihnen Unbehagen bereiten, aber von der „Gruppe“ verlangt werden.

Vielleicht werden Ihnen Gurus und Ideologien ebenso suspekt wie mir.

Vielleicht finden Sie auch höchsten Gefallen an der Fremdartigkeit, dem Anderssein, der Vielfalt und der Individualität Ihrer Mitmenschen.

Dann hätte sich jede Stunde, die ich an der Tastatur verbracht habe, mehr als gelohnt.

Fragen? Anregungen? Kritik?
Jederzeit gern. Schreiben Sie mir einfach an:
chrisdell@dellicate.com

Werbung oder Spam haben Sie von mir nicht zu befürchten.

Chris Dell

Zitate aus:
Sina-Aline Geißler: Lust an der Unterwerfung, München 1990
Sina-Aline Geißler: Die Wünsche der Frauen, Rastatt ?
Wetzstein, Steinmetz, Reis, Eckert: Sadomasochismus, Hamburg 1993
Susan Crain Bakos: Kink, New York 1995
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